AK-Differenzierung

Antikörperidentifikation oder Antikörperdifferenzierung - im Lab-Slang "Diff"

Beide Namen bedeuten das Gleiche und können für den Test verwendet werden. Da allein aufgrund vom Suchtest es sich nicht sagen lässt, wogegen ein Antikörper gerichtet ist oder ob es vielleicht sogar ein Antikörpergemisch ist, muss einem positiven Antikörpersuchtest eine AK-Differenzierung folgen. Das Ziel ist die Spezifikation der im Suchtest gefundenen irregulären Antikörper.  Dafür wird die gleiche Methode, wie für den Antikörpersuchtest eingesetzt - nur dass jetzt 8-16 Zellen angesetzt werden. Es gibt einige kommerziell käufliche Antikörperdifferenzierungs-Panels. Es gibt keine Vorschrift zur Anzahl der Zellen, gegen die getestet werden muss. Aber bei jedem gesicherten Antikörper (oder mehreren AK) müssen alle übrigen Antikörper-Spezifitäten ausgeschlossen werden.

Die Testzellen sind gebrauchsfertig in einem stabilisierenden Medium.

Jedes Testfläschchen entspricht einem Spender, dessen Zellen ein spezifisches und bekanntes Antigenmuster aufweisen. Auf dem Auswerteformular entspricht jede Zeile einem Spender.

Ein AK-Differenzierungspanel mit 11 Zellen. Jedes Fläschchen enthält Erythrozyten von einem einzelnen Spender, dessen Antigenprofil bekannt ist.
Ein AK-Differenzierungspanel mit 11 Zellen. Jedes Fläschchen enthält Erythrozyten von einem einzelnen Spender, dessen Antigenprofil bekannt ist.

Wie funktioniert nun der Ansatz:

aus jedem Fläschchen wird mittels der integrierten Pipette ein Tropfen in jeweils ein Näpfchen einer Gelkarte eingebracht. Dann wird genauso wie beim Antikörpersuchtest ein Tropfen Patientenserum dazu getropft und die Gelkarten bei 37°C für 15 Minuten inkubiert. Danach werden die Gelkarten abzentrifugiert und das Reaktionsmuster für jede Zelle in ein Auswerteformular eingetragen. Die Auswerteformulare werden zu jeder neuen Charge der Testzellen geliefert und es ist sehr wichtig, dass kein anderes (z.Bspl. von einer früheren Charge) verwendet wird. Jede Firma wird versuchen von Charge zu Charge möglichst wenige Abweichungen im Antigenmuster zu haben. Aber die Erythrozyten werden von Spendern abgenommen und diese können mal ausfallen. Wenn also eine neue Charge von Testzellen angefangen wird, muss darauf geachtet werden, dass alle alten Formulare entfernt und gegen die neuen getauscht werden.

 

Hier ein solcher Ansatz und das Auswerteformular für ein 11-er Panel.

Eine AK-Diff wird nach dem Ausschlussverfahren ausgewertet und befundet.

Der vorliegende Antikörper scheint spezifisch zu sein. Es zeigen sich nur in vier Zellen Reaktionen und diese sind ungefähr gleich stark, was eher auf einen einzelnen Antikörper deutet.

Der Ausschluss von Spezifitäten soll bei den meisten Antikörpern nur über homozygote Zellen erfolgen. Das gilt vor allem für Antikörper, die einen Dosiseffekt zeigen, wie MNS oder Duffy. Nur wenn das antithetische Antigen zu hochfrequenten Antigenen gehört, wie K und k oder Lua und Lub, darf ein Antikörper über heterozygote Zellen ausgeschlossen werden.

Laienhaft erklärt - ich darf nur dann von einer negativen Reaktion sprechen, wenn der Spender der Testzelle von beiden Elternteilen das gleiche Antigen geerbt hat und die andere Variante ist gar nicht vorhanden. 

Zum Beispiel: Spender hat von der Mutter und vom Vater ein Duffy b geerbt. Seine Zellen exprimieren nur Duffy b auf der Oberfläche - doppelte Dosis. Duffy a wird auf seinen Zellen gar nicht exprimiert. Wenn diese Zelle nicht mit dem Testserum reagiert, kann ich einen Antikörper gegen Duffy b ausschliessen. 

So wird sicher gestellt, dass auch sehr schwache Antikörper (mit einem niedrigen Titer) durch den Test erfasst werden.

Man geht also folgendermassen vor: durch die Zelle 4, 5, 6, 7, 9, 10 und 11 können alle Antikörperspezifitäten bis auf Anti-D ausgeschlossen werden. Umgekehrt reagieren alle Rhesus D positive Zellen stark positiv mit dem Patientenserum.

Es handelt sich also tatsächlich um ein Anti-D

Bevor eine Spezifität bestätigt wird, muss noch getestet werden, ob der Patient selbst negativ für das Antigen ist. Wir können nur Antikörper gegen Antigene bilden, die wir selbst nicht haben (Landsteiner-Regel). Die Bildung von Auto-Antikörpern ist als Fehlfunktion des Immunsystems zu sehen.

 

Anti-D gehört zu den häufigsten Antikörpern (wenn nicht der häufigste überhaupt). Das liegt vor allem an der Immunogenität vom D-Antigen. Schon 0,5 ml Blut reicht aus, um eine lebenslange Immunreaktion auszulösen. Deshalb haben vor allem ältere Frauen, die RhD negativ sind, häufig ein Anti-D. Dieses haben sie in der Schwangerschaft gebildet, bzw. bei der Entbindung eines RhD positiven Kindes. Jetzt kann es in den meisten Fällen durch die Gabe der Rhesus-Prophylaxe verhindert werden.

 

Aber nicht jeder Antikörper lässt sich mit einer Zellreihe differenzieren. Oft reagieren nicht alle Zellen, die ein Antigen tragen gleich stark. Manchmal können die Reaktionen ganz fehlen. Dann muss man weitere Zellen testen und Verstärkermedien oder Enzyme einsetzen. Vor allem durch den Einsatz von unterschiedlichen Enzymen, können Antikörper oft gut differenziert werden. 

Ein Antikörper gegen Duffy a (Fya) wird mit einer Duffy a positiven Zelle reagieren. Behandelt man diese Zelle mit Papain, wird das Duffy Antigen zerstört und die Reaktion verschwindet. Wenn man also den Verdacht hat, es könnte ein Fya sein, kann ein weiterer Ansatz mit den gleichen Zellen und Papain gemacht werden. Alle Reaktionen, die auf Duffy a zeigten, müssten nun weg sein. Vor allem Duffy und MNS Blutgruppenantigene sind sensitiv gegenüber Enzymen. 

Es gibt viele unterschiedliche Substanzen, die unterschiedliche Wirkung auf Blutgruppenantigene haben. Sie sind besonders dann hilfreich, wenn man in einem Antikörpergemisch zu tun hat. Auf diese Weise lassen sich Antikörperspezifitäten "ausschalten" und sind dadurch leichter voneinander zu trennen.

Auf den Ergebnisprotokollen sind immer mehrere Spalten für Reaktionen vorgesehen. Die erste für LISS/Coombs Ansatz, und die weiteren meist für Enzym und 4°C Ansatz. 

LISS/Coombs bedeutet, dass die Zellen in einer standardisierten Lösung aufgeschwemmt sind und es ist ein Anti-Humanglobulin-Serum (Coombs-Serum) hinzugefügt. Der Ansatz wird bei 37°C, also Körpertemperatur gemacht. Es wird angenommen, dass Antikörper, die unter diesen Bedingungen reagieren, auch klinisch relevant sind. 

In wieweit sich die Antikörper immer an diese Regeln dann in vivo halten, sei dahingestellt. Aber es gibt zu beinahe jedem Antikörper einen Fallbericht, mit sehr schweren und ernsten Folgen für den Patienten. Und da man mit Patienten nicht experimentiert, wird man im Zweifelsfall jeden definierten Antikörper "ernst" nehmen. 

Zuletzt bearbeitet am 12.09.2021